Auch beim Schreiben von Büchern spielt die einfache Sprache eine Rolle – wenn wir das wollen. Um der Funktion, den Möglichkeiten von einfacher Sprache auf die Spur zu kommen, sollten wir eine kleine Bestandsaufnahme machen.
Für mich bedeutet einfache Sprache immer: Erst gut darüber nachdenken, was ich sagen will. Dann schreiben. Ohne Schnörkel oder Sprach-Kosmetik. Einfache Sprache führt zu Klarheit und Fokus. Sie ist ehrlich, spielt nicht rum. Und: Sie ist eine Sprach-Form unter vielen.
Sprachformen und Buchgenres
Wenn die einfache Sprache eine unter mehreren Sprachformen ist, liegt die Frage nahe: Wofür könnte ich sie beim Buchschreiben nutzen?
Eine simple Faustformel wäre:
Einfache Sprache ist ideal für Sachbücher. Und taugt wenig bei literarischen Ambitionen.
Das stimmt im Großen und Ganzen. Doch darf dabei die Rolle von „Fachsprachen“ nicht vergessen werden … Ich glaube zwar, dass ein gutes Sachbuch es schafft, noch das Komplizierteste so zu be-schreiben, dass es einfach zu lesen ist. Sprich: einfach zu verstehen. Doch es kann unter Umständen schwierig werden. Etwa, wenn Fachkolleginnen erwarten, dass bestimmte Fachwörter vorkommen. Da hilft ein gutes, leicht verständliches Glossar am Ende des Buchs. Oder, wenn Zusammenhänge des Sachbuch-Themas stark ineinander greifen. Wenn immer wieder erklärt werden muss: Wenn das passiert, kann das passieren. Und wenn nicht, dann nicht. Ich vereinfache hier absichtlich … Und genau das kann bei komplizierten Themen schwierig sein. Darum sage ich – ähnlich wie in der Überschrift:
Um die einfache Sprache zu beherrschen, ist Intelligenz oft kein Fehler.
Denn das das dümmste, schlimmste Vorurteil der einfachen Sprache gegenüber lautet: Das ist nur was für Doofe. Nein, ganz und gar nicht!
Darum fragen wir lieber erst einmal:
Was ist das Ziel von einfacher Sprache?
Einfache Sprache soll von möglichst vielen Menschen verstanden werden. Das ist ihr wichtigstes Ziel. Möglichst wenig Menschen sollen von Informationen ausgeschlossen bleiben.
Das hat einen Preis: Auf Spielereien muss verzichtet werden. Es gibt aber auch eine Belohnung. Wenn möglichst viele Menschen wichtige Informationen verstehen, wird kaum jemand ausgeschlossen.
Das ist besonders wichtig für bestimmte Informationen. Etwa:
- aus Ämtern aller Art
- aus der Politik
- rund um die Rechtsprechung
- im Bereich von Geld
- im Bereich von Gesundheit, Vorsorge und Hilfe
- zu aktuellen Bestimmungen und Verordnungen.
- Bei allen bürgerlichen Rechten und Pflichten.
Einfache Sprache ist wertvoll
Wenn möglichst viele Menschen das oben Aufgezählte lesen und verstehen, stärkt das nicht nur sie selbst. Sondern auch unsere Demokratie. Das ist ein wichtiges Ziel. Dieses Ziel ist mir so wichtig, dass ich gern daran mitarbeite. Es ist für mich so wertvoll, dass ich ihm zuliebe zeitweise auf andere Sprach-Formen verzichte. Die laufen mir ja nicht weg. Ich kann sie zu anderen Gelegenheiten nutzen. Zum Beispiel
- als Literatur
- in Gedichten
- für literarisch-persönliche Beiträge, auch im Internet.
Das sind nur ein paar der Sprach-Formen, die ich oben als „literarische Ambitionen“ bezeichnet habe. Die darf, kann, soll und muss es natürlich auch geben.
Wer die einfache Sprache beherrscht, muss auf die anderen Sprach-Formen ja nicht verzichten!
Einfache Sprache ist keine Sackgasse. Da entwickelt sich derzeit auch viel Neues: Es gibt Literatur, Kinderbücher, sogar Märchen in einfacher Sprache. Oder die Erläuterungen von Kunst in großen Museen. Sogar die Bibel gibt es in einfacher Sprache.
Wenn wir eine Wahl haben, stärkt uns das alle
Bei allen wichtigen Informationen sollen Menschen immer die Wahl haben:
- Will ich den Text in einfacher Sprache lesen?
- Oder mit komplizierteren Zusatz-Informationen? Mit weiter führenden Überlegungen? Die funktionieren oft auch sehr gut in einfacher Sprache.
- Und beim Schreiben: Möchte ich mit Sprache spielen, Wortwitz zeigen? Oder literarisch arbeiten – im Sinn von: Ich schreibe so, wie das noch nie jemand vorher getan hat. Ist absolut legitim. Nur sollte man sich klar machen, dass dann vermutlich nicht jeder Mensch versteht, was ich sagen will.
Wir haben also immer die Wahl: Einfache Sprache hilft allen Menschen.
Auch wer die einfache Sprache scheinbar nicht braucht, profitiert von ihr. Denn mit einfacher Sprache geht das Lesen oft viel schneller als etwa von Texten im „Amtsdeutsch“. Das Verstehen wird viel leichter. Das können wir alle gut gebrauchen. Kurz: Einfache Sprache stärkt auch Menschen, die sich für „normal“ halten.